Auf ein Wort Am Espresso gescheitert

Autor/Autorin

  • Dr. Andreas Gautier

Jetzt erstmal eine Tasse Kaffee. Wenn Sie zu mir ins Pfarrhaus kommen, ist das Angebot, einen Kaffee oder Tee zu bekommen, Standard. Inzwischen stellt sich dann aber nicht mehr nur die Frage, ob auch Milch oder Zucker gewünscht wird. Seit einiger Zeit sind auch Cappuccino, Espresso und Latte Macchiato möglich. Die Entlastungen wegen Corona wurden bei mir für das eingesetzt, was wirklich wichtig im Büro ist: ein guter Kaffee.

So steht nun in der Küche eine italienische Espressomaschine, die wirklich guten Espresso und Milchschaum machen kann. Für einen einfachen schwarzen Kaffee gibt es dann noch einen Schluck heißes Wasser auf den Espresso. Und weil Vollautomat ja jeder kann, musste es natürlich so ein Gerät werden, bei dem noch viel selbst zu machen ist. Angefangen beim Mahlen der Bohnen.

Nach einigem Ausprobieren von Kaffeesorten, Mahlgraden und Menge des Pulvers fließt inzwischen auch ein ziemlich anständiges Ergebnis in die Tasse. Ich darf aber gar nicht daran denken, wie viel Kaffeepulver im Biomüll gelandet ist, bis es soweit war. Mal war es zu viel Pulver und es kamen nur ein paar ganz bittere Tropfen raus. Dann war der Kaffee zu grob gemahlen und der Espresso wäre als Blümchenkaffee durchgegangen.

Als ich dieser Tage wieder an der Maschine stand und zusah, wie der Kaffee so durchläuft, fragte ich mich, warum ich solch ein Scheitern nicht immer für normal halte. Bei vielem, was ich tue, habe ich den Anspruch, gleich beim ersten Versuch perfekt zu sein. Ich gehe Abläufe mehrmals durch, wäge das Für und Wider ab. Versuche, Eventualitäten zu berücksichtigen. Immer mit dem Ziel, dass nichts schiefgeht.

Der Espresso hat mich da an meine Grenzen gebracht. Ich konnte die Anleitung noch so genau lesen. Habe mir Online-Tutorials für den perfekten Kaffee angesehen. Aber es half alles nichts. Die ersten Versuche schmeckten einfach schrecklich. Trotz guter Vorbereitung und dem Wissen, was man falsch machen kann, scheiterte ich am Espresso. Es war dann die Erfahrung, das Ausprobieren von Mahlgraden und Mengen und die immer geübteren Handgriffe. Erst durch das Praxiswissen ist der Espresso wirklich gut geworden. Und das auch erst nach und nach.

Und wie ich so den dickflüssigen schwarzen Strom beobachte, frage ich mich, ob ich das nicht generell und im Alltag beherzigen sollte. Es als normal annehmen, dass Dinge erstmal mal schieflaufen. Sich eingestehen, dass es manchmal mehrere Versuche braucht, bis etwas wirklich gut funktioniert. Die eigenen Fehler tolerieren und natürlich auch die der anderen. Hinnehmen, dass es Zeit braucht, bis sich Abläufe eingespielt haben.

Aber dann drücke ich auch schon den Hebel wieder runter. Länger als 30 Sekunden darf ein Espresso nicht brauchen, dann wird er bitter. Küchenweisheiten mit ins Büro beziehungsweise in den Alltag zu nehmen geht dann doch nicht so schnell.

Dieses Thema im Programm: 26. Juni 2022, 7:40 Uhr

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