Album der Woche Mit purer Freude und Magie in die Siebziger

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Für Shawn Lee, den "Silberfuchs", sind die 70er musikalisch die größte aller Dekaden. Zusammen mit Andy Platts hat er sie jetzt gekonnt revitalisiert.

Albumcover von Pleasure "Young Gun Silver Fox"
Bild: Légère
Albumcover von Pleasure "Young Gun Silver Fox"

So klingt "Pleasure" von Young Gun Silver Fox

So klingt "Pleasure" von Young Gun Silver Fox

Bild: Légère

"Pleasure" heißt dann logischerweise auch das aktuelle Album von Young Gun Silver Fox, welches am 2. Mai erschienen ist. Doch keine Angst, es ist keine Retro-Rutsche, auf die sich der langmähnige Shawn Lee und sein genialer Songwriting-Partner Andy Platts gesetzt haben. Ganz im Gegenteil lassen die beiden Sounds und Genres der 70er mehr als sanften, warm leuchtenden Nachhall in ihre neuen Songs einfließen. Und die sind auf ziemlich veränderte Weise entstanden, verraten Lee und Platts im Gespräch mit Bremen Eins.

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Bis jetzt haben Shawn und ich ja gewissermaßen wie Herrscher in unserer eigenen Burg gesessen und das Internet genutzt, um Platten zu machen.

Andy Platts

Noch vor zweieinhalb Jahren haben Andy Platts und Shawn Lee versichert, dass sie die besten Songwriting-Ergebnisse vorlegen könnten, wenn sie getrennt arbeiten würden. Jeder als Herr in seiner eigenen Burg, wie Platts es charmant ausdrückt. Shawn Lee schickte seinem Duopartner via Internet quasi fertige Songs, die Platts dann mit Texten versehen und weiter ausarbeiten konnte. Das hat in der Tat auch gut funktioniert, wie die vier Vorgängeralben von "Pleasure" eindrücklich bewiesen haben. Aber plötzlich änderte sich Entscheidendes: Andy konnte nicht mehr hören und fühlen, was für eine Platte ihr fünftes Studioalbum werden sollte. Er hatte Schwierigkeiten sich vorzustellen, wohin die Reise gehen sollte und was Shawn und er als nächstes unternehmen müssten. Dann rannte ihnen auch noch die Zeit davon, als sie im Dezember 2024 ihre Deadline von Ende Januar 2025 vor Augen, aber immer noch kein Album zusammengetragen hatten. Also regte Andy an, dass sie Angesicht zu Angesicht gemeinsam im Studio arbeiten sollten, und Shawn reiste für vier Tage nach Norfolk, wo Andy Platts sein Studio hat. Die richtige Entscheidung, wie man in den zehn neuen Songs von Young Gun Silver Fox zweifelsfrei hören kann.

Pressefoto der Band Pleasure
Bild: Légère

Das Besondere daran ist die Tatsache, dass wir uns getroffen und eine ganze Menge für dieses Album höchstpersönlich und in Echtzeit auf die Beine gestellt haben.

Shawn Lee

Als Gamechanger bezeichnet der in Hongkong geborene Platts die gemeinsame Arbeit im Studio. Und auch der aus Kansas stammende Lee, der nicht nur mit seiner schlohweißen Mähne, sondern auch als Multiinstrumentalist, Produzent, Radio DJ und preisgekrönter Komponist für Film und Videogames eine gute Figur macht, sieht die veränderte Vorgehensweise als echte Weiterentwicklung ihrer musikalischen Arbeit. Deshalb auch würde sich ihr Album "Pleasure" immer noch sehr frisch anfühlen und sei total präsent in ihren Köpfen, betont Lee. Da wird der Albumtitel für die beiden kreativen Musiker zum persönlichen Programm.

Wir befinden uns mittlerweile in einer Phase, in der wir uns nicht mehr mit jemand anderem messen müssen.

Andy Platts

An Selbstbewusstsein mangelt es den beiden Soundmagiern, die schon seit etwa 15 Jahren an gemeinsamen Projekten arbeiten, nicht. Wenn es um die eigene musikalische Weiterentwicklung geht, schauen Platts und Lee auf ihren eigenen Backkatalog zurück. Sie würden nach links und nach rechts blicken, erläutert Platts, ohne jemanden zu sehen, mit dem sie versuchen würden in musikalischen Wettstreit zu treten. Das mag auf den ersten Eindruck abgehoben klingen. Das ist es aber nicht, denn Young Gun Silver Fox messen sich nur an sich selbst. Und das ist nun einmal viel schwieriger, als nach anderen zu schauen. Man sei immer nur so gut wie der letzte Song, den man geschrieben habe, betont Platts. Also hätten Shawn und er sich gefragt, was für Platten sie bisher gemacht, welche Bereiche sie abgedeckt und was sie schon ausgedrückt hätten. Die musikalische Antwort auf diese Fragen kann sich hören lassen. Da strömt das lässige "Born To Dream" auf pulsierendem Groove dahin, da rollt der "Late Night Last Train" auf schwebenden Jazzharmonien durch die Dunkelheit und crunchy, mit einem Bläserfeuerwerk wie bei Earth, Wind & Fire klingt "Holding Back The Fire".

Diesmal ist die größte Inspiration für uns gewesen, dass Shawn und ich zusammen im Studio waren und der Musik das Reden überlassen haben.

Andy Platts
Pressefoto der Band Pleasure
Bild: Légère

Selbstverständlich sind auch beim neuesten Streich von Young Gun Silver Fox wieder Anklänge an Bands wie Steely Dan, The Doobie Brothers, aber auch an Earth, Wind & Fire und Chicago zu spüren. Dennoch ist die gewohnte West-Coast-Anmutung etwas in den Hintergrund getreten. Sie hätten einen inneren Drang nach etwas mehr R&B- und Soul-Feeling verspürt, erläutert Shawn Lee gegenüber Bremen Eins. Sie hätten dem gesamten Entstehungsprozess ihres neuen Albums bewusst etwas mehr Uptempo gegeben und alles schwungvoll nehmen wollen. Grundsätzlich hätten Andy und er es zutiefst genossen, gemeinsam im Studio Songs zu schreiben und zu erarbeiten. Das sei überhaupt die größte Inspiration für "Pleasure" gewesen, pflichtet Platts ihm bei. Sie hätten auf diese Weise einfach der Musik das Reden überlassen können.

Wir wollten keine Demos erstellen und erst danach alles aufnehmen. Alles lief spontan ab und formte die Platte.

Andy Platts

Frisch und unverbraucht kommen die Songs auf "Pleasure" rüber. Das ist mit Sicherheit der veränderten Arbeitsweise von Andy Platts und Shawn Lee geschuldet. Bewusst haben sie auf Spontaneität gesetzt und auf das Erstellen von Demo-Aufnahmen verzichtet. Zuerst kam im zum Kreativraum mutierten Studio immer die Musik. Was Platts und Lee an Ideen durch den Kopf ging, konnte ungefiltert Eingang ins Album finden. Die Gewissheit, dass er Melodien und Texte immer erst im Anschluss an die spontane Ideenfindung schreiben würde, gab Andy Platts die Möglichkeit, alles von Beginn an zu steuern und zu modellieren. Sie hätten auf diese Weise quasi maßgeschneiderte Songs ausarbeiten können, erzählt der durchaus auch selbstkritische Songwriter. In den Songtexten geht es im weitesten Sinn um Realitätsflucht. Sie würden über Orte, Menschen und Situationen schreiben, die in ihrem eigenen Leben nicht unbedingt eine Rolle spielen, diese dann aber mit dem wahren Leben und autobiografischen Aspekten verknüpfen, erläutert Platts. Dabei können er und Lee auch von der selbst gewählten Spur purer Freude abweichen: "The Greatest Loser" ist laut Platts ein offener Brief an David Cameron, in welchem Shawn und er sich plötzlich gar nicht mehr so fröhlich und freundlich zum Initiatoren des Brexit äußern. Dass das dennoch wunderschön klingt und mit engelsgleichem mehrstimmigen Gesang verbrämt wird, ist dann aber doch wieder typisch Young Gun Silver Fox.

Kreativität begleitet uns durchs Leben bis zum Tod. Manchmal ist man dabei obenauf und manchmal stürzt man eben ins Höllenfeuer.

Andy Platts

Bei ihrer früheren Arbeitsweise hätte Shawn ihm immer Instrumentals via Internet geschickt, die fast schon fertige Platten waren, erinnert Andy Platts sich. Der kreative Höhenflug, der Young Gun Silver Fox bis zum Ende des vergangenen Jahres begleitete, hat jetzt aber die entscheidende Wendung genommen. Andy Platts und Shawn Lee können als Herren über Sound und Produktion nicht mehr in ihrer jeweiligen "Burg", sondern in Echtzeit im Studio locker obenauf bleiben und müssen sich nicht die Finger am Höllenfeuer verbrennen. Anstelle von Feuer gibt es bei Young Gun Silver Fox viel Sonnenschein. Der sei laut Andy Platts neben dem Fender Rhodes Piano, ihrem Hintergrundgesang und dem trocken abgemischten Schlagzeug das, was den Sound von Young Gun Silver Fox ausmache.

Zwischen uns bestehen eine Chemie und eine Magie, die weit über das normale Maß hinausgehen.

Shawn Lee

Die besondere Chemie, die zwischen Shawn Lee und Andy Platts, diesen ebenso eigenwilligen wie genialen Musikern, besteht, gibt auch ihrem aktuellen Album seine spezielle Mixtur. Die Zutatenliste muss dann noch um den Faktor Genuss und Vergnügen sowie um die Freude an der Revitalisierung der 70er - wunderbar nachzuvollziehen im Video zur Single "Stevie & Sly" - ergänzt werden. Ganz im Sinne des Albumtitels und der Magie, die Shawn Lee seiner Zusammenarbeit mit Andy Platts bescheinigt. Mehr Groove, Harmoniegesang, funkelnde Bläser, leuchtende Sounds und Sonnenschein lassen sich jedenfalls kaum einfangen. Genau so etwas brauchen wir in diesen Zeiten - einfach "Pleasure"!

Young Gun Silver Fox "Pleasure"
Légère Recordings
EAN: 4026424013415
VÖ: 02.05.2025

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Das Gewinnspiel endet am 31. Mai 2025.

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Nachmittag, 26. Mai 2025, 14:40 Uhr

Bremen Eins Livestream & aktuelle Sendung.

Der Abend mit Norbert Kuntze

Der Abend

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