Album der Woche Sheryl Crows "Evolution" – ein Album, das aus dem Nichts kam

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Eigentlich wollte Sheryl Crow nach ihrem Album "Threads" vom August 2019 keine weitere Platte mehr aufnehmen. Da sie aber weiterhin Songs schrieb, kam es anders.

Albumcover Sheryl Crow: Evolution
Bild: Universal Music
Albumcover Sheryl Crow: Evolution

So klingt "Evolution" von Sheryl Crow

Eigentlich wollte Sheryl Crow nach ihrem Album "Threads" vom August 2019 keine weitere Platte mehr aufnehmen. Da sie aber weiterhin Songs schrieb, kam es anders.

Bild: Universal Music

Sheryl Crow hat als Künstlerin immer noch etwas zu sagen, sie muss aber nicht mehr auf den Markt schielen. Folglich veröffentlicht sie die Songs, die ihr am Herzen liegen, ohne einen Gedanken an deren Abrufzahlen bei Streamingdiensten oder Abspiele im Radio zu verschwenden. ”Evolution” heißt ihr am 29. März erschienenes - ihr Weihnachtsalbum von 2008 mitgerechnet - 12. Studioalbum. Eine gute Entscheidung, denn auf dieser Platte klingt die mittlerweile 62-jährige Musikerin so frisch und stilsicher, wie man es sich nur wünschen kann.

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Dies hingegen ist einfach eine Sammlung von Songs, die ich geschrieben und auf ein Stück Vinyl gepackt habe.

Sheryl Crow

Die US-amerikanische Songwritern hat es sich also anders überlegt und doch wieder eine Platte aufgenommen. Oder etwa doch nicht? Denn Crow zufolge ist "Evolution" eigentlich gar kein Album, sondern einfach eine Songsammlung, die sie zufälligerweise auf Vinyl gepackt hat. Das mag man verwirrend finden oder als Understatement einer gereiften Künstlerin verstehen. Unterm Strich ist Sheryl Crows „Songsammlung" absolut hörenswert und ja, die neun Songs, die auf der Deluxe-Edition noch um eine kräftig zupackende Duett-Version von Peter Gabriels "Digging In The Dirt" ergänzt werden, können sehr wohl als ganz normales Album gehört werden. Für ein Album, das eigentlich gar keins sein soll, schon eine beachtliche Leistung.

Pressefoto von Sheryl Crow
Bild: Dove Shore

Dies ist eines der größten Geschenke, die ich mir selbst jemals gemacht habe!

Sheryl Crow

Die neunfache Grammy-Gewinnerin scheint selbst positiv überrascht von der Wirkung ihrer Songsammlung und schiebt ihre künstlerische Tiefstapelei energisch wieder beiseite, indem sie zugibt, dass "Evolution" eines der größten Geschenke sei, die sie sich jemals selbst gemacht habe. Allerdings, hebt Sheryl Crow hervor, sei bei "Evolution" vieles anders gelaufen als zuvor, als sie Alben mit einer klaren Struktur von Anfang, Mitte und Ende konzipierte und als ihre eigene Produzentin alles im Blick hatte, was die Songs und deren Reihenfolge betraf. Ihr aktuelles Album sei einfach das musikalische Ergebnis der Dinge, über die sie sich in den letzten Jahren verstärkt Gedanken gemacht habe, stellt Crow fest: Was Leben an sich bedeutet, wie die Menschheit als Ganzes aufgestellt ist, wo sie selbst sich gerade verortet und was es heißt, Kinder großzuziehen, sie mit Wissensdurst, Aufgewecktheit, Bewusstsein und Empathie auszustatten

Krass, jetzt habe ich ja einen ganzen Haufen Songs hier! Was sollen wir damit anfangen?

Sheryl Crow

Die meisten der auf "Evolution" versammelten Songs sind entstanden, als Sheryl Crow einfach im Studio herumprobierte, wie sie es ausdrückt. Nach ein paar Monaten stellte sie dann fest, dass sie ja bereits einen ganzen Stapel an Songs geschrieben hatte, und fragte sich, was sie damit anfangen solle. Und damit kam ihr Produzent Mike Elizondo ins Spiel. Diesen 1972 in Los Angeles geborenen Musiker kennt Crow seit mehr als 20 Jahren. Elizondo kommt stilistisch allerdings aus einer ganz anderen Ecke als die mit der Ehrendoktorwürde der Southeast Missouri State University ausgezeichnete Songwriterin. Denn Mike Elizondo hat sich einen Namen über seine Zusammenarbeit mit den Rappern Dr. Dre und Eminem gemacht. Crow schickte Elizondo zunächst den Song "Evolution" – und der Produzent biss an: Er könne ein paar Studiotage für sie reservieren und sie solle vorbeikommen, was sie dann auch tat.

Die Zusammenarbeit mit Mike war nicht nur ein Wahnsinnsspaß, sondern ebenso ein großer Segen. Sie hat sich sogar auf eigenartige Weise geheimnisvoll angefühlt.

Sheryl Crow

Aus ein paar Tagen wurden dann drei Monate, in denen sich nicht nur die auf Crows Album gelangten Song herauskristallisierten, sondern sich auch so etwas wie eine Magie in der Zusammenarbeit von Crow und Elizondo entwickelte. Das Arbeiten mit ihm habe nicht nur einen Wahnsinnsspaß gemacht, sondern sei für sie ebenso ein großer Segen gewesen, schwärmt die Sängerin, und habe auch ihre geheimnisvollen Seiten gehabt. Diese Melange aus Begeisterung und Magie verleiht Sheryl Crows neuen Songs in der Tat eine unmittelbare Wirkung. Diese kann sehr direkt sein wie im Albumaufmacher "Alarm Clock", der inspiriert wurde vom Gejammer der beiden Söhne Crows über das morgendliche Weckerklingeln. Lässig und dynamisch zugleich klingt "Do It Again", in wehendem Grunge-Mantel bewegt sich der Titelsong "Evolution". Ganz anders gibt sich "Where?" als an Joni Mitchell erinnernde Singer-Songwriter-Nummer. Breit aufgestellt in ihrer jeweiligen musikalischen Anmutung verbindet eines alle Songs auf Crows aktuellem Album: Sie sind ohne Wenn und Aber auf den Punkt gebracht.

Sheryl Crow auf der Bühne
Bild: Imago | APress

Der einzige rote Faden ist der, dass dies alles Themen sind, die gerade Teil des Bodensatzes meines Denkens, meiner Seele sind.

Sheryl Crow

"Evolution" ist kein thematisch geschlossenes Album. Was die Songs verbindet, ist die Auseinandersetzung Sheryl Crows mit den Themen, die sie bewegen. Dazu gehört ganz oben auf ihrer Agenda die Künstliche Intelligenz. Der Gedanke, dass KI Musik kapern und den Kunstbegriff deformieren könne, habe ihr Angst gemacht, gibt sie zu. Denn sie sei der festen Überzeugung, dass KI niemals eine Seele haben werde. KI könne den Menschen zwar überlisten und austricksen, werde aber niemals über einen eigenen Willen verfügen, gibt Crow sich kämpferisch. Genau darüber habe sie den Titelsong "Evolution" geschrieben. Da sie unsicher war, wie sie selbst damit umgehen solle, habe dann Mike Elizondo sozusagen das Drehbuch dazu geschrieben und aus ihrer Vorlage ein geradezu filmisches Meisterwerk geschaffen. Es habe sich angefühlt, als habe sie Martin Scorsese engagiert, erzählt Crow voller Begeisterung.

Bei "Evolution" ist es für mich ganz anders gewesen. Das war kein Kollaborations-Album, sondern für mich und Mike Elizondo ein sehr intimer Entstehungsprozess

Sheryl Crow

Themen abladen können und auch einmal ihrem Zorn über alles Spalterische in einem Song wie "Broken Records" Lauf zu lassen, das war Sheryl Crow bei ihrem neuen Album wichtig. Dennoch sei dessen Entstehungsprozess für sie und Produzent Elizondo ein sehr intimer Vorgang gewesen, betont sie. Diese Empfindung der doch für versierte Eigenproduktionen bekannten Musikerin mag auch von der Tatsache herrühren, dass sie die Produktion ihrer aktuellen Platte bewusst aus der Hand gegeben hat. Sie habe keine Lust mehr auf Ärger und diesen enormen Zeitaufwand gehabt, gibt Crow zu. Und jetzt habe das Ergebnis unter Federführung Mike Elizondos alle ihre Erwartungen übertroffen.

Das Schöne daran, die Zügel lockerzulassen, ist für mich, dass es auf dieser Platte Dinge gibt, die ich nie zuvor gemacht habe.

Sheryl Crow
Sheryl Crow steht zwischen zwei LKWs.
Bild: Dove Shore

Anders als bei "Threads", dem Vorgänger und Allstar-Album, bei welchem Crow mit Größen wie Stevie Nicks, Keith Richards oder Neil Young ihre Songs zum Besten gab, hat sie sich für "Evolution" auf die Fähigkeiten von Musikern verlassen, von denen ihrer Meinung nach lediglich Gitarrist Tom Morello vielen bekannt ist. Dessen Gitarrensolo auf dem Titelsong klinge wie von einem anderen Planeten, schwärmt sie. Umso mehr habe sie sich gefreut, dass sie im selben Schwung wie Morello im November 2023 in die Rock & Roll Hall of Fame aufgenommen worden sei. Die Zügel lockerlassen und Dinge anders angehen, nennt sie ihre aktuelle Vorgehensweise. Da gibt es zum Beispiel die Ballade "Don’t Walk Away", die sie quasi überfiel, als sie am Klavier saß. Sie könne gar nicht sagen, woher diese gekommen sei und worüber oder für wen sie diese überhaupt geschrieben habe. Da ist pure Intuition zu einfühlsamer Musik geronnen.

Ganz anders liegen die Dinge bei den Songs "Love Life" und "Where?", die Sheryl Crow schon seit 20 Jahren mit sich herumgetragen hatte und jetzt endlich unter den veränderten Gegebenheiten fertigstellen konnte. Manche Dinge brauchen eben Zeit – viel Zeit. Zum ersten Mal überhaupt spielt Crow nicht auf jedem ihrer neuen Tracks selbst, sondern hat die Instrumente anderen überlassen. Nach wie vor aber sind ihr die Gitarrenriffs sehr wichtig. Diese können ihr den richtigen Weg durch einen Song weisen - lockere Zügel, aber kein Laissez-fair.

Nur die Liebe kann Erfolg haben!

Sheryl Crow

Von Erkenntnis wird Sheryl Crows neues Album getragen. Von der Einsicht, dass Musik zum Kern dessen geworden ist, was ihr Leben ausmacht. Musik ist Sheryl Crows Therapie, um in dieser verwirrenden Welt nach wie vor Sinn und Weg zu sehen, selbstbestimmt sowie befreit von der Abhängigkeit durch Quote und Erfolgsdruck. Aus ihrer Seele seien die Songs auf "Evolution" gekommen, befeuert Sheryl Crow ihren neuesten Output. Dennoch wolle sie damit nicht auf Promotion-Tour gehen. Die Fans ihrer Musik würden das eh nicht erwarten und schließlich sei sie sowieso ständig mit ihrer Musik unterwegs. Eine Lehre, die ihr die Jahrzehnte als Musikerin mitgegeben haben, ist die, dass langfristig nur die Liebe Erfolg haben kann. Wenn sich das letztendlich so gut anhört – dann gern mehr davon!

Sheryl Crow ”Evolution”
UMI/Universal Music
EAN: 9725800167142
VÖ: 29.03.2024

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Das Gewinnspiel endet am 17. Mai 2024.

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Nachmittag, 13. Mai 2024, 14:40 Uhr

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