Album der Woche Rick Astleys drittes selbstproduziertes Album ist ein echter Hinhörer

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Seinen 1987er Megahit "Never Gonna Give You Up" können alle mitsingen. Doch in Rick Astley steckt mehr als polierte Pop-Ware aus dem Hause Stock Aitken Waterman.

Albumcover: Rick Astley "Are We There Yet?"
Bild: BMG Rights

Gewinnen Sie das Album "Are We There Yet?" von Rick Astley.

Albumcover: Rick Astley "Are We There Yet?"

So klingt "Are We There Yet?" von Rick Astley

Seinen 1987er Megahit "Never Gonna Give You Up" können alle mitsingen. Doch in Rick Astley steckt mehr als polierte Pop-Ware aus dem Hause Stock Aitken Waterman.

Bild: BMG Rights

Dies stellt Astley erneut mit "Are We There Yet?" unter Beweis, denn schon zum dritten Mal hat der Brite mit der kraftvollen Stimme die Ärmel hochgekrempelt und so gut wie allein ein neues Album auf die Beine gestellt. Das ist am 13. Oktober erschienen und bezieht sich mit seinem Titel "Are We There Yet?" vor allem auf ein mehr oder weniger drängendes, im Tourbus geäußertes "Sind wir schon da?". Denn 2022 ging es für Rick Astley zusammen mit New Kids On The Block, Salt-N-Pepa und En Vogue im Bus gute 35.000 Kilometer auf große Stadiontour kreuz und quer durch Nordamerika.

Der Albumtitel bezieht sich aber auch darauf, ob ich persönlich schon angekommen bin, und wohl auch darauf, damit jeden einzufangen, der sich das anhören oder darüber nachdenken möchte.

Rick Astley

Sie alle hätten möglichst viel von Nordamerika sehen wollen und deshalb darauf gedrängt, tagsüber zu fahren und bestimmte Sehenswürdigkeiten anzusteuern. Im Bus habe er Amerika vollkommen anders und viel intensiver erleben können, als ein schneller Ortswechsel mit dem Flugzeug es ermöglicht hätte, erinnert Astley sich. Man bekomme deutlich vor Augen geführt, dass Amerika nicht Europa sei, lasse sich vom musikalischen Sog von Musikzentren wie Nashville und Memphis mitreißen und erlebe, dass in den Coffee-Shops eben nicht immer Drake, sondern Americana-Platten der 70er, Country und die Eagles laufen. Diese Flut an Eindrücken hat ihre Spuren auf Rick Astleys neuntem Studioalbum hinterlassen. Der 1966 in Newton-le-Willows im Nordwesten Englands geborene Musiker verweist in diesem Zusammenhang auf den geschärften Gitarrenklang etwa bei seiner Singleauskopplung "Dippin My Feet" und spricht von einem dankenden Nicken in Richtung amerikanischer Musik.

Rick Astley mit Gitarre
Bild: Peter Neill

Manchmal liegt einfach etwas in den Wörtern, mit denen ich herumprobiere, und dann kommt etwas dabei heraus, das mir gefällt.

Rick Astley

Es geht auf Rick Astleys neuem Album aber auch ums Ankommen im übertragenen Sinn, für ihn als Persönlichkeit und als Musiker. Mit seinem Albumtitel möchte Astley die Menschen, die sich auf seine neuen Songs einlassen, gewissermaßen einfangen und zum Nachdenken anregen. Wann spürt man, wenn man wirklich etwas erreicht oder geschafft hat, wann wissen etwa Erwachsene, dass sie angekommen sind, wann Eltern, dass sie etwas gemeistert haben? Das sind Fragen, die den auch mit 57 noch voll jugendlicher Verschmitztheit in die Kamera lächelnden Sänger umtreiben. Also probiert er auf der Suche nach Antworten so lange an seinen Songtexten herum, bis deren Worte für ihn einen Sinn ergeben. Manchmal arbeitet er sich über den Songtitel zur eigentlichen Bedeutung eines seiner Texte vor. Es ist eine zum Erfolg verdammte Suche. Denn schließlich müsse er ja singen, was er da schreibe, stellt Astley unumwunden klar.

Ich neige dazu, meine Songideen so lange zu bearbeiten, bis ich an dem Punkt angelangt bin, sie jemand anderem vorspielen zu wollen.

Rick Astley

Auch wenn Rick Astley allein in seinem Aufnahmestudio im Südwesten Londons arbeitet, so ist er dabei dennoch nicht einsam. Sobald seine Songideen einen bestimmten Ausarbeitungsstatus erreicht haben, spielt er sie anderen vor. Zuerst seiner Frau, die auch seine Managerin ist und – wie Astley schmunzelnd zugibt – zupackender seine musikalische Karriere vorantreibt, als er selbst dies tun würde. Auch Freunde und Familie bekommen seine musikalischen Einfälle zu hören. Sollten sie aber auf etwas, das er selbst für gelungen hält, nicht so reagieren, wie er sich das gewünscht hat, dann feilt Rick Astley weiter an seinen neuen Songs, bis er sicher ist, musikalisch voll und ganz verstanden zu werden.

Dass ich fast alle Instrumente selbst spiele, ist sicherlich ein bisschen schräg, denn da sind mir schon Grenzen gesetzt.

Rick Astley
Rick Astley sitzt auf Stuhl
Bild: Peter Neill

Alle Fäden seines von den musikalischen Hotspots und Weiten Nordamerikas geprägten Albums laufen bei Rick Astley selbst zusammen. Wie alle Kulturschaffenden hatte er während der Corona-Pandemie mehr Zeit, als ihm lieb war, und deshalb schon eine ganze Menge geschrieben. Was sollte man auch machen, wenn alle Bücher im Regal gelesen und alle Filme, die man sich schon immer mal hatte anschauen wollen, gesehen waren? Diese rhetorische Frage hat Astley sich selbst beantwortet, indem er den kreativen Raum, der ihm zur Verfügung steht, komplett ausfüllte. Dass das ein Privileg war, ist ihm klar. Jedenfalls hat er alle Songs auf "Are We There Yet?" selbst geschrieben und produziert. Auch die meisten Instrumente hat er selbst eingespielt. Dass ihm dabei Grenzen gesetzt sind, ist dem sympathischen Musiker klar. Aber gerade dadurch verleiht er seiner Musik ein Höchstmaß an Authentizität. Lediglich am Keyboard hat er sich Unterstützung geholt sowie Begleitgesang, Cello und Bläsersektion anderen überlassen. Wie vielseitig Rick Astley musikalisch agieren kann, hat er während seiner gefeierten zwei Auftritte beim diesjährigen Glastonbury Festival unter Beweis gestellt. Da sitzt er doch plötzlich am Schlagzeug, um den AC/DC-Hammer "Highway To Hell" zu trommeln und zu singen.  

In meinem kleinen Aufnahmestudio habe ich eine kleine Idee gehabt, ich saß da mit meiner Gitarre oder am Klavier - und später dann sitzt irgendwo auf der Welt jemand in seinem Wohnzimmer oder im Auto und kann sich das anhören. Das ist doch verrückt!

Rick Astley

Es sei schon schräg, dass er so viele Instrumente spiele, gibt der überraschend alterslos wirkende Songwriter zu. Aber auf diese Weise kann Astley leichter mit Sounds experimentieren und im Fall seines aktuellen Albums die Einflüsse von Americana, Blues und Soul unmittelbar auf sich wirken lassen. Letzterer liegt spürbar in Astleys charaktervoller Stimme, wie er etwa mit “Forever And More“ oder “Waterfall“ beweist. Die Intensität seiner zwölf neuen Songs ist zum Gutteil auch Astleys Frau, der dänischen Filmproduzentin Lene Bausager, geschuldet. Denn nicht nur “Driving Me Crazy“ habe er unwillkürlich ihr gewidmet, gibt Astley zu. Seine Songs auf reine Liebeslieder zu reduzieren, wird der Sache allerdings nicht so ganz gerecht. Denn häufig gibt es eine weitere Bedeutungsebene. So behandelt das dunkle “Close (Your Shoes)“ das unterschwellige Unbehagen, welches nach den Video-Schalten während der Corona-Pandemie zurückblieb. In “Dippin My Feet“ steht das Eintauchen in das Wasser des Mississippi stellvertretend für die Flucht vor der ungebändigten Flut an Informationen, die auf uns einströmen und deren Wahrheitsgehalt immer schwerer zu erfassen ist. Und wenn seine musikalischen Ideen ihren Weg aus seinem Studio hinaus in die Wohnzimmer und Autos dieser Welt finden, wirkt das für Astley immer noch wie ein kleines, verrücktes Wunder.

Rick Astley steht in blauem Anzug an eine Wand gelehnt
Bild: Peter Neill

Es gibt immer noch diese kleine Fee, die reinkommt, wenn gerade niemand hinschaut, und ein klein wenig Feenstaub herabrieseln lässt.

Rick Astley

Er genieße es total, mittlerweile nur noch Platten aufzunehmen, die im wahrsten Sinne des Wortes seine ganz eigenen seien, gibt Astley zu. Stolz auf sein neues Album und glücklich damit sei er. So abgedroschen das auch klingen mag, man nimmt es diesem Allrounder mit Bodenhaftung ab. Denn er gibt ebenso offen zu, dass es schon schwierig sei, diese gewissen magischen Momente im Studio zu erkennen, wenn man allein dort arbeite. Sobald jedoch andere dazukämen, würde sich das ändern. Während einen selbst das Gefühl beschleiche, gerade etwas verbockt zu haben, würde jemand anderes ausrufen: "Wow, das war toll – was war das denn?". Und da war sie dann wieder im Raum, diese kleine Fee, die für die richtig großen musikalischen Momente sorgt. Sie hat Astley wohl auch dazu bewogen, den Refrain von "Never Gonna Stop" so stehen zu lassen, wie er ihn zuerst entworfen hat, auch wenn dessen Anfangstöne der Melodie von "Never Gonna Give You Up" doch sehr ähneln.

Ich mache grundsätzlich das, was ich machen möchte, und wenn das anderen gefällt, ist das eben ein Bonus.

Rick Astley

Ein britischer Popstar, der auf den ersten Blick für die 80er steht wie kaum ein anderer, hat mit 50 begonnen, sein eigenes Ding zu machen. Astley gönnt sich den Luxus, musikalisch nur das umzusetzen, was ihm persönlich gefällt. Dass er dabei bestimmt, aber dennoch bescheiden auftritt, verleiht seinem Album "Are We There Yet?" diesen gewissen Charme, wie ihn nur jemand versprühen kann, der es draufhat. Rick Astley ist offensichtlich bereits angekommen.

Rick Astley "Are We There Yet?"
BMG RIGHTS MANAGEMENT
EAN: 4050538940282
VÖ: 13. Oktober 2023

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Das Gewinnspiel endet am 17. November 2023 um 12 Uhr.

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Nachmittag, 13. November 2023, 14:40 Uhr

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