Auf ein Wort Rettung im Alltäglichen
Standdatum: 4. Dezember 2022.
Wen es im Advent in die Kirche verschlägt, der hört mit großer Wahrscheinlichkeit Texte aus dem Alten Testament vom Propheten Jesaja. Er lebte im 8. Jahrhundert vor Christus. Seine Texte sollen den Menschen in schweren Zeiten Mut machen: Rettung kommt bestimmt. Gott selbst wird sich darum kümmern. Aber was ist Rettung?
In diesen Tagen habe ich erlebt, dass es nicht gleich die große Politik sein muss, von der die Rettung kommt. Eines kühlen Novembermorgens fiel hinter mir die Tür ins Schloss – keine Jacke, keine Schuhe, kein Geld, kein Telefon, noch nicht gefrühstückt. Und die Besitzerin des zweiten Schlüssels kommt erst zum Abend wieder nach Hause. Glücklicherweise gibt es in erreichbarer Nähe Menschen, die einen Schlüssel für das Pfarrbüro haben. Frieren musste ich also nicht, und mit dem Telefon ließen sich auch die Termine regeln.
Nach ein paar Stunden konnte die Schreibtischarbeit aber nicht mehr vom Hunger ablenken. Und da kam sie, die Rettung: unverhofft und ohne Ankündigung bekam ich eine Kanne Kaffee und ein Stück Kuchen gebracht. Da war sie, die Rettung. Damit ließen sich die Stunden überbrücken, bis die Tür wieder geöffnet werden konnte.
Diese Art von Rettung hatte Jesaja sicher nicht vor Augen, als er seine Zeilen schrieb. Ich glaube aber, dass Jesus solch eine Art von Rettung vor Augen hatte. Mit der Einschätzung, dass das Reich Gottes schon auf Erden anbricht, hat er den Anspruch verknüpft, dass wir alle unseren Teil dazu beitragen können. Wir sollen diese Welt ein bisschen besser machen.
Nachdem uns Jesaja mit seinen Texten durch den Advent begleitet hat, feiern wir an Weihnachten die Menschwerdung Gottes. Wir glauben, dass unser Gott Mensch geworden ist. Damit verknüpft ist aber auch unsere eigene Menschwerdung: Advent und Weihnachten sollen uns daran erinnern, dass auch wir "Mensch" werden sollen. Auch wir sollen uns darauf besinnen, wieder menschlicher zu werden. Was das bedeutet? Ein offenes Ohr haben, sich für andere einsetzen, Partei für die Menschlichkeit ergreifen, Hilfe anbieten, wo sie nötig ist.
Rettung und Hilfe beginnt eben nicht bei Entlastungspaketen, Sonderzahlungen, Preisbremsen und ähnlichem. Das Reich Gottes bricht dort an, wo wir mit kleinen Gesten, offenen Ohren und wachen Augen durch die Welt gehen und füreinander da sind. Dann kommt Gott schon heute in unsere Welt.
Dieses Thema im Programm: 4. Dezember, 7:40 Uhr