Album der Woche Angus & Julia Stone lassen ihr Album wehen wie eine zarte Meeresbrise

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Es klingt wie ein Widerspruch, aber hinter der musikalischen Sanftmut von Angus & Julia Stone auf ihrem Album "Cape Forestier" wehen auch die Stürme des Lebens.

Cover: Angus & Julia Stone, Cape Forestier, Vertigo Berlin, 2024
Angus & Julia Stone, Cape Forestier, Vertigo Berlin, 2024 Bild: Vertigo Berlin
Angus and Julia Stone auf der Bühne

So klingt "Cape Forestier" von Angus & Julia Stone

Es klingt wie ein Widerspruch, aber hinter der musikalischen Sanftmut von Angus & Julia Stone auf ihrem Album "Cape Forestier" wehen auch die Stürme des Lebens.

Bild: Imago | PanoramiC

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Aber keine Sorge, ihr am 10. Mai erschienenes 6. Studioalbum spiegelt im Großen und Ganzen die sanfte Dünung der See wider. Die australischen Musikergeschwister blicken zurück auf Kindheit und Jugend ebenso wie auf ihre getrennten Wege und landen dennoch immer wieder bei ihrer gemeinsamen Lebensreise. Das Ganze spielt sich in einem fein gewobenen Klanggegpinst hart am Rande der Zerbrechlichkeit ab. Dass dahinter aber auch eine straff gezügelte Intensität zu spüren ist, macht "Cape Forestier" zu einem interessanten Hinhörer.     

Ich würde sagen, dass der Sound dieser Platte sehr viel mit der See zu tun hat.

Angus Stone

Es ist Angus Stone selbst, der auf die Bedeutung des Meeres für das weitgehend mit seiner Schwester Julia gemeinsam produzierte Album verweist. Julia und er seien auf dem Meer aufgewachsen, hätten navigieren und segeln gelernt, erzählt er Bremen Eins. Der Ozean als Schule des Lebens gewissermaßen, nicht nur in Sachen Respekt gegenüber seiner Wildheit und Schönheit, sondern auch als Folie für dieses wie die Oberfläche des Meeres schillernde Album.  

Es ist total cool, dass Julia und ich unsere eigenen Wege gegangen sind, um die Welt zu erkunden und mit unseren eigenen Projekten auf Reisen zu gehen.

Angus Stone
Angus and Julia Stone auf der Bühne
Angus and Julia Stone bei einem Benefizkonzert in Paris 2015. Bild: Imago | PanoramiC

Über die Jahre hat sich eine sehr intensive und natürliche musikalische Verbindung aufgebaut, welche Julia und Angus Stone zu einer künstlerischen Einheit zusammenschweißt. Von Kindesbeinen an haben die beiden schließlich schon zusammen Musik gemacht, unter anderem in der von ihrem Vater geleiteten Schülerband. Überhaupt ist ihr Dad eine reiche Quelle musikalischer Sozialisation für die beiden gewesen. Er war Hochzeitssänger und hatte eine Coverband, die unter anderem Songs von Creedence Clearwater Revival und Neil Young spielte. Die abendlichen Proben im Elternhaus versorgten die Kinder Julia und Angus mit prägenden Gutenachtmusiken. Die beiden konnten mit Livemusik aufwachsen und wurden von ihrem Vater immer wieder auf deren große Bedeutung für die Gemeinschaft hingewiesen. Das hat tiefe Spuren in der musikalischen Entwicklung der australischen Songwriter-Geschwister hinterlassen. Dennoch sind Angus und Julia musikalisch auch getrennte Wege gegangen. Angus mit seinem Feelgood-Pop-Projekt "Dope Lemon" zusammen mit dem australischen Gitarristen Robin Brown und Julia als Solokünstlerin, die 2021 sogar ein Weihnachtsalbum veröffentlicht hat. Doch immer wieder haben die beiden Geschwister erneut zusammengefunden, um ihrer gemeinsamen Empfindung eine Stimme zu geben. Denn Angus & Julia Stone schwimmen auf derselben Welle von Wahrnehmung und Gefühlen. Julia ist sich sicher, dass sich für ihren Bruder und sie selbst jeder Song wie der eigene anfühlt, selbst wenn der andere ihn geschrieben hat. Angus kenne ihre Weltsicht und Empfindungen genauso gut wie sie die seinen. Und das fühle sich vollkommen natürlich an, schildert sie Bremen Eins.        

Als wir wieder zusammengekommen sind, hat sich das unglaublich frisch angefühlt. Das ist meiner Auffassung nach für jede Art von Arbeitsbeziehung ein äußerst positiver Weg.

Angus Stone

Jetzt sind die beiden Geschwister mit dem Hang zu romantisierender Selbstinszenierung also wieder zusammengekommen und haben ihr aktuelles Album vom Stapel gelassen. Sie hätten sich auf ihren Reisen weiterentwickelt, betont Angus, und dadurch hätte sich ihre erneute Zusammenarbeit ungemein frisch angefühlt. Das lässt sich an "Cape Forestier" gut nachvollziehen, denn bei aller Dezenz und klanglicher Zurückhaltung ist dieses Album klar und belebend wie eine Meeresbrise. Da kann etwa das Trompetensolo in "The Wedding Song" schon einmal weite Horizonte aufziehen. Das zarte Puckern von Klavier und Banjo in "No Boat No Aeroplane" wiederum erinnert an das sanfte Plätschern von über dem Kies auslaufenden Meereswellen.  

Angus and Julia Stone auf der Bühne
Bild: Imago | PanoramiC

Als ich dorthin kam, um das Studio zu erkunden, haben wir gleich begonnen Musik zu machen, so wie wir es als Kinder in unserem Wohnzimmer schon getan haben.

Julia Stone

Als Zeitkapsel werden Angus Stones Sugarcane Mountain Studios auf ihrer Homepage bezeichnet. Eingerichtet irgendwo zwischen Pub und Harry-Potter-Style hat dieses Musikresort mit seinem Retro-Charme Julia Stone von einem Moment auf den anderen in seinen Bann geschlagen, sodass sie mit ihrem Bruder sofort begann dort Musik zu machen. So wie früher, als sie Kinder waren. Immerhin ist es ja schon 18 Jahre her, dass Angus & Julia Stone mit ihrer EP "Chocolates & Cigarettes" auf dem Musikmarkt erschienen, aber dennoch hat Julia sich offenbar einen Teil ihrer musikalischen Unbefangenheit bewahren können. Das Studio ihres Bruders sei ein Raum, der Kreativität freisetze, und in ihm könne, so wie in bestimmten Musikinstrumenten, ein Song verborgen sein, den es zu entdecken gelte, ist Julia überzeugt. Aus der Behaglichkeit ihrer eigenen vier Studiowände haben Angus und Julia aber auch Songs an ihren Co-Produzenten, den bestens vernetzten australischen Multiinstrumentalisten Ben Edgar, geschickt. Dieser hat dann Teile davon in seinem eigenen Studio produziert und in die Sugarcane Mountain Studios zurückgeschickt.   

"Cape Forestier" steht für das Sich-Durchboxen durch die Herausforderungen und Stürme des Lebens.

Julia Stone

"Cape Forestier" ist keines dieser Alben, die mit der Tür ins Haus fallen. Ganz im Gegenteil liegt in seiner gezügelten Anmutung seine Ausdrucksstärke – kleine Wellen statt großer Brecher eben. Angus & Julia Stone setzen bei der Wirkung ihrer Musik auf die Gesamtstimmung ihres aktuellen Albums, ihre Songs geben sich eher zurückhaltend und schlicht. Die Musikgeschwister aus Down Under haben ihren eigenen verträumten, bisweilen entrückten Sound kreiert. In diesem ist dennoch nicht alles weichgespült und glatt. Im um sich selbst kreisenden "Down To The Sea" etwa zirpt eine widerborstige Gitarre.

Der Titelsong war ursprünglich als ein Dankeschön-Lied für einen Freund gedacht, der Julia und Angus auf seinem Boot "Cape Forestier" auf so manchen Abenteuer-Trip mitgenommen hat. Dann wurde den beiden aber klar, dass dieser Song auch eine Metapher für ihre gemeinsame Lebensreise darstellt, für das Sich-Durchboxen durch die Herausforderungen und Stürme des Lebens, für ihr Selbstvertrauen und ihren Blick auf den Horizont.      

Manchmal ist ein Song so gut wie fertig, aber wir nehmen ihn dann wieder auseinander und schreiben eine Strophe um oder einer von uns verändert den Refrain.

Julia Stone
Angus and Julia Stone auf der Bühne
Bild: Imago | PanoramiC

Nicht alle Songs sind zeitnah für dieses Meeres-Album der Stone-Geschwister entstanden. "No Boat No Aeroplane" etwa hat Angus als Heranwachsender geschrieben. Während der Arbeit am aktuellen Album hat er sich diesen Song gemeinsam mit seiner Schwester noch einmal vorgenommen und festgestellt, dass Unsicherheit und Chaos, die ihn als 16-Jährigen umgetrieben haben, auch heute noch herrschen. Wann ist ein Song fertig? Diese Frage beantworten Angus & Julia Stone immer wieder anders. Mal kommt Angus mit einem kompletten Song ins Studio, in den dann Julias Vorstellungen eingearbeitet werden. Oder ein Song wird nach und nach auf einer vorformulierten Basslinie aufgebaut. Inhaltlich halten die beiden sich an Inspirationsschnipsel aus ihrem Leben. Denn für Julia basieren die schönsten Songtexte häufig auf kleinen Details, die man im Laufe des Tages wahrnimmt.

Wir wollten aber so etwas wie ein Schlusskapitel haben, einen Weg, um Goodbye zu sagen.

Julia Stone

Zwei musikalische Fremdzutaten sind auf "Cape Forestier" zu finden. Da gibt es zum einen das Bob-Dylan-Cover "I Want You" quasi als Erinnerung an den mit Coverversionen auftretenden Vater. Als dieser Dylan-Song auf die Platte kam, war es für Julia und Angus ein Vorgang, der sich für die beiden vollkommen natürlich anfühlte. Zum anderen wird der Albumabschluss von einem streicherbeseelten Ausschnitt aus dem vom US-amerikanischen Rockabilly-Musiker Baker Knight geschriebenen "The Wonder Of You" gebildet, welches Elvis mit seiner Live-Version in Großbritannien zum Nummer-eins-Hit gemacht hat. Dieses ungewöhnliche Finale ihres Albums vergleicht Julia Stone mit dem Fallen des Vorhangs in den alten Plüschkinos am Filmende. Angus und sie hätten das Gefühl gehabt, ihr neues Album hätte ohne dieses Songzitat gar keinen richtigen Abschluss gefunden.

Wir singen ja über Dinge und Gefühle, wie wir beide sie empfinden. So ist das von Anfang an gewesen.

Julia Stone

Ihr Einklang der Gefühle bildet die Schatulle, in welcher Angus & Julia Stone ihre auf "Cape Forestier" versammelten Songs wie edle Schmuckstücke mit Liebe zum Detail drapieren. Dabei gibt es nichts Grelles oder vordergründig Aufpoliertes zu bestaunen. Ganz im Gegenteil setzt sich der das gesamte Album durchziehende sanfte Sound in mikroskopisch kleinen Schritten im musikalischen Bewusstsein fest. Auf ähnliche Weise, wie die zarten Lichtreflexe von Perlen das Auge fesseln können. Die kommen ja schließlich auch aus dem Meer. Angus & Julia Stone haben mit "Cape Forestier" die Stürme des Lebens durchsegelt und sind im schimmernden Glanz der ruhigen See gelandet. Und in die können wir uns auf ihrem Album getrost fallen lassen.

Angus & Julia Stone "Cape Forestier"
UMD/ Vertigo Berlin
EAN: 9725800168286
VÖ: 10.05.2024

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Das Gewinnspiel endet am 21. Juni 2024.

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Nachmittag, 17. Juni 2024, 14:40 Uhr

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